Zwangsbewirtschaftung

Bis zum 1. Februar 1915 waren die Eingriffe des Staates in die Lebensmittelversorgung im Deutschen Reich zurückhaltend. Vorsorglich war zwar der Bundesrat bereits durch Gesetz vom 4. August 1914 (RGB, S. 327) ermächtigt, wirtschaftliche Maßnahmen zu ergreifen. Von dieser Möglichkeit wurde aber zunächst nur beschränkt Gebrauch gemacht. Im Mittelpunkt stand eine gesetzliche Regelung für Höchstpreise, um mögliche Teuerungsspiralen zu verhindern. Ansonsten ergriff das Reich importpolitische Maßnahmen und ließ Sparsamkeitsvorschläge an die Bevölkerung verteilen. Eine tatsächliche und immer umfassendere Zwangsbewirtschaftung wurde erst durch die Verordnung des Bundesrates vom 25. Januar 1915 (RGB, S.35ff.) über die Regelung des Verkehrs mit Brotgetreide und Mehl eingeführt. Alle vorhandenen Getreidevorräte an Weizen und Roggen wurden für die Kriegs-Getreide-Gesellschaft mbH in Berlin beschlagnahmt, also für die Armee. Das Mehl aus Weizen, Roggen, Hafer und Gerste wurde von den Kommunalverband beschlagnahmt, in dessen Bezirk sie sich zu dem Zeitpunkt befanden. Ein direkter Verkauf an Endverbraucher war damit nicht mehr möglich. Die Vorräte mussten in Listen erfasst und den zuständigen Stellen angezeigt werden. Für die Enteignung wurden dem Besitzer der Waren ein angemessener Preis gezahlt, der entweder sich am Höchstpreis orientierte, oder falls nicht vorhanden, am Durchschnittspreis. Die Kommunalverbände mussten in ihrem Bezirk die Verteilung der Vorräte regeln und entsprechende Maßnahmen ergreifen.