Lazarette und Verwundete

Welche Lazarette gab es während des Krieges in Lemgo und wer arbeitete dort? Wie konnten die verwundeten Soldaten gepflegt und versorgt werden?

Gründung eines Reservelazarettes in Lemgo

Am 13. Februar 1915 wurde ein Vertrag zwischen dem Vaterländischen Frauenverein, der Wolffschen Stiftung, der Stadt Lemgo und der Landesstelle vom Roten Kreuz in Detmold abgeschlossen, zur Errichtung eines Vereinslazarettes mit 100 Betten in den Gebäuden der Wolffschen Stiftung und der Herberge zur Heimat. Betreiber des Vereinslazarettes war die Landesstelle, die von der Intendantur des VII. Armeekorps einen Zuschuss für die Betriebskosten erhielt.

Neben der Verwundetenkompagnie der Garnison im Schützenhaus gab es damit in Lemgo zwei Vereinslazarette. Das Krankenhaus Wolffsche Stiftung stellte dem Roten Kreuz eine Bettenkapazität von 50 – 70 Betten zur Verfügung stellen und ggfl. weitere 30 Betten im sog. Siechenhaus (St. Johann). Die „Herberge zur Heimat“ Breite Straße 49 diente als Genesungsheim.

Diese Zahl von 100 Betten teilte auch OB Höland dem „Territorialdelegierten der freiwilligen Krankenpflege für das Fürstentum Lippe“ am 21.8.1914 mit. Die Kosten der Verpflegung sollten dabei für 25 Betten durch die Wolffsche Stiftung aufgebracht werden. Die restlichen 75 Betten durch Spenden privater Hand; die Stadt würde nur etwas dazugeben, wenn es nicht ausreicht (Meier Salomon, S. 56).

Ausstattung des Lazaretts - erste Verwundete

In einem Artikel der Lippischen Post vom 27. August 1914 rief Prinzessin Carola zur Lippe  auf, für dieses Vorhaben Bettgestelle, Betttücher und Bettwäsche zu spenden. Sie begründet diesen Aufruf: „In dem alten ehrenhaften Lemgo lebt nach wie vor der treudeutsche Hansageist, der brüderlich hilft, wo das Vaterland Not hat.“ Sie selbst ist anscheinend an die Spitze aller Liebestätigkeit (siehe unten) in Lemgo berufen worden. In einem Dankesschreiben vom 29. August 1914 (veröffentlicht in der LP am gleichen Tag) ist die Rede von bereits 17 gespendeten Betten und anderen nützlichen Dingen.

Im September 1914 kam dann der erste Verwundetentransport nach Lemgo. Nach einem Bericht in der LP vom 28. September 1914 handelte es sich um 40, zumeist leicht verletzte Soldaten, die zur "Wolffschen Stiftung" mit Gespannen und Kraftwagen gebracht wurden. Ob der letzte Satz des Artikels "Sie [d.h. die verwundeten Soldaten] sind durchweg guter Stimmung und können die Zeit nicht erwarten, die sie wieder mit dem Feinde in Berührung bringt." tatsächlich zutrifft, mag dahingestellt sein.

Einem Bericht über den Besuch des Lippischen Fürsten im Februar 1915 (LP, 23.2.1915) ist etwas über die Räumlichkeiten des Vereinslazarettes in der „Neuen Herberge“ zu erfahren.  Es gab einen Tagesraum, Schlafräume (für zu dem Zeitpunkt 28 Verwundete) und ein Operationszimmer.

Engpässe und Mängel bei der Krankenversorgung

Zunächst bedeutete die Einrichtung des Reservelazarettes eine Erhöhung der Belegungszahlen. In einem Rückblick der Wolffschen Stiftung (A 2475, f. 254r und 255r) wird die Zeit vor Beginn des Krieges so beschrieben, dass das Krankenhaus (mit 80 – 90 Betten) nur teilweise belegt war und hauptsächlich mit Altersschwachen und Siechen.

Nach Kriegsbeginn stieg die Zahl auf 125 Betten, die auch alle belegt wurden. Die Zahl der Verwundeten verursachte einen Engpass bei der Versorgung der „Civilkranken“, so dass 1918 die Bitte geäußert wurde, die dem VII. Armeekorps und dem Roten Kreuz zugesicherte Zahl von 70 Betten in der Wolffschen Stiftung zu reduzieren. Der Vaterländische Frauenverein machte zudem den Vorschlag, einen Teil der alten Frauen ins Siechenhaus umzubetten, wofür allerdings nur zwei Frauen in Frage kamen. Der leitende Art Dr. von Möller hatte das Gleiche bereits bei den altersschwachen Männern vorgeschlagen, die allerdings nach Eben-Ezer gebracht werden sollten.

Die räumliche Verknüpfung mit der Wolffschen Stiftung konnte auch zu Problemen führen. Ein eher harmloses Problem war, dass die Post nicht immer richtig getrennt an Wolffsche Stiftung und Lazarett ging.

Ein schwierigeres Problem betraf die Mangelwirtschaft; so fehlte ausreichende Bettwäsche, deren Besorgung über die Intendantur des VII. Armeekorps erfolgen sollte. Daneben fehlte es an Verbandsmaterial, Heizkohle und ärztlichem wie pflegerischem Personal.

Der kurz vor Kriegsbeginn eingestellte Chirurg Dr. von Möller wurde 1917 bereits zum 3. Mal reklamiert, was dann auch endlich erfolgreich war. Beim pflegerischen Personal stellte sich das Problem, dass eine zusätzliche Schwester nicht, wie bisher geschehen, aus dem Sarepta-Diakonissenhaus in Bielefeld kommen sollte, woher seit der Gründung der Stiftung alle Krankenschwestern gekommen waren, sondern eine Rot-Kreuzschwester, die man der Lazarettkasse und nicht der Kasse der Wolffschen Stiftung zur Last legen wollte.

Betreuung der verwundeten Soldaten

An Freizeitsaktivitäten für die Verwundeten gab es Ausflüge (LP, 17.9.1915) zu nahegelegenen Lokalen, auch wieder vom Vaterländischen Frauenverein organisiert. Konzerte zu Gunsten der Verwundeten und Spenden aller Art dienten als Unterstützung der Krieger in den Lazaretten.

Die Krieger-Sanitätskolonne (Rotes Kreuz) war neben dem Verwundetentransport vom Bahnhof ins Krankenhaus bzw. Vereinslazarett auch für die Gestellung von Pflegern zuständig. Ein Konflikt ergab sich dadurch, dass Männer der Sanitätskolonne auch in die Feldlazarette mussten und wieder neue Pfleger für die freiwillige Krankenpflege organisiert werden mussten (LP, 6.12.1915).

Ende der Lazarette in Lemgo

Ende März 1919 wurden beide Lazarette im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung aufgelöst. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten 2067 verwundete und kranke Soldaten diese Einrichtungen durchlaufen (LP, 20.3.1919). Zum Abschied wurden den Entlassenen noch Zigarren geschenkt, nach heutiger Sichtweise sicher kein passendes Geschenk für Kranke oder gerade Gesundende!