Siege und Feiern im Schulalltag

Für die Schüler waren die Schlachtensiege und Friedensschlüsse willkommene Anlässe, da man zumeist schulfrei erhielt bzw. an öffentlichen Feiern teilnehmen konnte. Diese Tage waren im Schuljahr natürlich herausgehoben.

Im Dezember 1916:

„Nach bangen Wochen entringt sich heute der Brust ein jubelndes: Herr Gott, dich loben wir! Am 4. Dezember früh betrat Herr Pastor Tölle das Schulzimmer mit der herrlichen Meldung: Die Schlacht am Argesul [Argesch] ist gewonnen! Wir sangen stehend: Nun danket alle Gott! U. a. Dann wurde es in der Schule zu eng. Heller Son-nenschein lachte über den heimatlichen Fluren trotz des dichten herbstlichen Nebelschleiers. Und heute, am 7. Dezember? Bukarest gefallen! Trug es ein Engel ins Schulzimmer? Der Glocken eherner Mund verkündet es über Stadt und Land. […] Diesen stürmischen Siegeszug, diesen Adlerflug von Sieg zu Sieg konnte niemand vorhersehen, keiner erwarten. Diese Tage erinnern wieder an den Siegesglanz von 1914. Das ist nicht Menschenwerk. Das ist Gottes Gericht über unsern hinterlistigsten Feind. Das ist ein Beweis göttlicher Gnade gegen unser liebes deutsches Volk. Lasset uns die Knie beugen und bekennen: Der Herr hat Großes an uns getan! Was Sage und Geschichte Großes zu singen wissen von Heldentum und Sieg, es muß verblassen vor den Heldentaten dieses Krieges. Künftige Geschlechter werden uns beneiden und glücklich preisen, nicht bloß die Helden, die in Bukarest, eingezogen, sondern auch uns, die wir in der Heimat des alles Zeugen sind, auf die der Segen herniederströmt. Gott laß uns deiner Gnade würdig werden durch Opfersinn und Brüdersinn, durch Ausdauer und Geduld!“(Schulchronik St. Johann Ost)

Nationale Feierstunden wie Kaisersgeburtstag wurden entsprechend feierlich begangen, auch wenn man die besonderes Umstände der Kriegszeit berücksichtigte und das Ausmaß begrenzte:

„Zum 2. Male, ernst und still, feiern wir den Geburtstag unsers Kaisers in diesem Weltkriegen. An der Schulfeier nehmen alle Klassen teil. Die Ansprache zeigt den Kindern unsern teuren Kaiser als den hehrsten Landesvater und zwar 1) in seinem landesväterlichen, vorausschauenden Wirken und Arbeiten in den 26 Jahren des Friedens; 2. Der Kaiser und sein Volk in den Tagen der Mobilmachung 3.) der Kaiser als Führer des herrlichen Heeres und der gewaltigen Flotte. 4.) des Kaisers Helden und Mitarbeiter. 5.) Einzelne Bilder von des Kaisers Güte. 6.) Unsere Kaiserin und die Söhne des Kaisers. Mit dem Wunsch und Gebet, daß des Kaisers neues Lebensjahr im Frieden ausklingen möge, schloß die Feier. Um 3/4 10 Uhr ist Festgottesdienst zu St. Johann, an dem auch die größeren Schüler teilnehmen. Dann wieder alle zum Bru-che, wo eine große Parade abgehalten wird.“ (Schulchronik St. Johann Ost)

Der Friedensschluss mit Russland 1918 war für das Deutsche Reich ein Hoffnungsschimmer und natürlich Anlass für eine Friedensfeier:

„Welch eine glückselige, herzerfreuende Nachricht, die heute früh gemeldet wurde! [11.02.1918] Gottlob, nun ist zum ersten mal in diesem Ringen und Völkermorden das edle, so lang und bang ersehnte Friedenswort nicht nur erklungen, sondern fern im Osten zur Wahrheit geworden. Die russischen Streitkräfte sind auf der ganzen Front demobilisiert. Dann ging die Oberklasse, die sich so lange schon, nach einem „siegesfreien“ Tage wieder gesehnt hatte, an einem „friedensfreien“ Schultage strahlenden Auges nach Hause, um von Haus zu Haus zu verkünden: Friede mit Rußland! Und bald klangen zum 2. Mal am Sonnabend, 9.2.18 zum erstenmal nach Abschluß des Friedens mit der Ukraine – die Friedensglocken über Stadt und Land. Möchten die Klänge dringen bis zum fernsten Sibirien zu unsern lieben Gefangenen – auch aus St. Johann – und ihnen künden: Strick ist entzwei – und wir sind frei! – Jetzt ist ein Arm für uns frei. Jetzt hüte dich, England!“(Schulchronik St. Johann Ost)