Ortsvertreter und Vertrauensmänner

Die LWG arbeitete vor Ort mit einem System von Vertrauensmännern (in den Stadtgemeinden) und Ortsvertretern (in den Dörfern). Diese waren zuständig für die Erstellung der notwendigen Erfassungslisten und die Ausgabe der Lebensmittelkarten bzw. Brotmarken.

Für diese Funktion bediente man sich häufig der örtlichen Lehrkräfte an den Schulen. Lehrer Krumsiek aus Wiembeck übernahm für seinen Ort ebenfalls diese Funktion, jedoch offensichtlich nicht mit Freude, wie seiner Schulchronik (StaL H 10/78, S. 49) zu entnehmen ist: "An jedem Orte wurde ein sogenannter Ortsvertreter, meistens der erste Lehrer, angestellt, welcher als verpflichteter Gehilfe der L.W.G., an dem unbeliebten, aber notwendigen Werke half. In Wiembeck musste ich natürlich das Amt übernehmen. Es gab viele Arbeit und viele Unannehmlichkeiten, denn die Bevölkerung konnte sich nur schwer daran gewöhnen, daß ihr das Verfügungsrecht über die selbstgezogenen Mengen genommen wurde."

Die Ortsvertreter und Vertrauensmänner standen dabei häufig in einem Spannungsverhältnis zwischen ihrem Auftrag im Sinne einer gleichmäßigen und sparsamen Ressourcenverteilung und den Erwartungen und Ansprüchen ihrer Mitbürger vor Ort.

Lemgo war in 50, möglichst kleinräumige Bezirke eingeteilt, für die jeweils ein Vertrauensmann zuständig war. Das Amt wurde ehrenamtlich ausgeübt. Offensichtlich erhoffte sich die Stadtverwaltung dadurch, die durch die eingezogenen Beamten und Angestellten angespannte Personallage entspannen zu können. Ansprechpartner und vorgesetzte Stelle für die Vertrauensmänner war das städtische Lebensmittelamt, das vermutlich identisch mit dem städtischen Bauamt war.

Alle vier Wochen erfolgte eine Verteilung der Lebensmittelkarten in der Wohnung des Vertrauensmannes.

In einer öffentlichen Anzeige in der Lippischen Post vom 1. Dezember 1916 war die Abholung der Lebensmittelkarten zu entnehmen.

Die Aufgaben der Vertrauensmänner wurden in einem 2seitigen Rundschreiben der Stadt beschrieben (aus: StL T 1/15).

Rundschreiben Seite 1 | Seite 2

Die Anweisungen des städtischen Lebensmittelamtes an die Vertrauensmänner erfolgte wohl auch durch maschinenschriftliche Handzettel, die wichtige (neue) Bestimmungen enthielten. Beispiele (aus StaL T 1/15) dafür aus der Überlieferung der Lemgoer Bürgerschule sind hier zu sehen: