Sozial- und Gewerbestruktur Lemgos um 1900

Für die Bestimmung der Gewerbe- und Sozialstruktur Lemgos um 1900 wurde ein "Alphabetisches Verzeichnis der selbständig lebenden Bewohner und der kaufmännischen Firmen der Stadt", erschienen in "Adreßbuch der Stadt Lemgo, 1909" (1. Aufl.), ausgewertet.

Folgende (Berufs-) Gruppen wurden gebildet:

  • Arbeiter: insbesondere Industriearbeiter bzw. Zigarrenmacher/innen.
  • Ohne Berufsangabe: v. a.  unverheiratete Frauen und Witwen.
  • Handwerk: keine Unterscheidung  zwischen selbständigen und unselbständigen Handwerkern (Gesellen).
  • Rentner und Privatiers: leben von Kapital bzw. Zinsen.
  • Dienstleister:  v. a. Fuhrleute, Haushaltsbeschäftigte.
  • Angestellte: abhängig Beschäftigte außerhalb des Handwerks und der Privathaushalte.
  • Öffentlicher Dienst: Kommunal-, Justiz-,  und Finanzverwaltung einschließlich Post- und Bahnbedienstete und Lehrer.
  • Selbständige: Kaufleute, Fabrikanten, Einzelhändler, Ärzte, Anwälte... (außer Handwerksbetriebe).
  • Sonstige: Personen ohne konkrete Berufsangaben, häufig Stiftsdamen St. Marien und Pfarrer.

In dieser Übersicht fehlen aufgrund der Erfassungsgrundlage die verheirateten Frauen und Kinder.

In der Verteilung zeigt sich, dass die Ziegler und (Industrie-)Arbeiter einen annähernd gleich großen Anteil haben, wie das Handwerk. Der landwirtschaftliche Sektor - trotz der für das 19. Jhd. noch üblichen Bezeichnung "Ackerbürgerstadt" - nimmt einen unbedeutenden Anteil ein. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass vermutlich viele Lemgoer noch einen kleinen landwirtschaftlichen Nebenerwerb betreiben oder zumindest einen Garten besitzen. Die Selbständigen - zu denen ein großer Teil des Handwerks hinzugerechnet werden muss - ist die dritte wichtige Säule im Gewerbeleben der Stadt. Der Bereich Verwaltung bzw. öffentlicher Dienst ist noch gering ausgeprägt und wird vor allem durch Beschäftigte der Bahn und der Post dominiert.